Der Schwoarze und der Huchen, eine Weihnachtsgeschichte
Ein mögliches Weihnachtswunder mit Helmut Herbert in der Winterzeit.
Eine oft erzählte Geschichte handelt von Toni Mahdalik und dem "Schwoarzen" Helmut Herbert, als sie im tiefen Dezemberwinter in den mittleren 70ern an der Pielach einen Huchen fingen.
Möglich, dass sie keine Karte für den Tag besaßen, oder dass der Huchen geschont war, in jedem Fall trat der Fisch seine vermeintlich letzte Reise unter dem Mantel des Helmut Herbert in Richtung dessen alten Mercedes an.
Ein Marsch durch tiefen Schnee und bar jedes guten Gewissens seitens der Petrijünger Helmut und Toni. Beim Auto fehlte zur Heimfahrt nichts, als der Schlüssel.
So stapften Huchen, Helmut und Toni zurück zum Fluss, um den Schlüssel wie durch ein Wunder wieder zu finden. Die Männer aus der Venediger Au und Ottakring haben dieses Erlebnis wahrscheinlich wortreich kommentiert, keines dieser Wörter ist jedoch vornehm genug für diesen Blog.
Der Huchen im Konsum-Sackerl Sei´s drum, der Huchen kam in ein KONSUM-Sackerl nebst jeder Menge konservierenden Schnees und Helmut Herbert fuhr zu seinem Broterwerb als Trainer eines Vereins beim Wiener Hallenfußballturnier in der Stadthalle. Über den Verbleib von Toni an diesem Tag gibt es keine Aufzeichnungen.
Die Stimme des Gewissens nach dem Spiel ist tief und langsam
Nach einer 2:8-Abfuhr gegen Austria Memphis sitzt der Schwoarze im Mercedes Richtung Stadion, dort wohnt er. An das Fischen denkt er nicht mehr, eher an Schneckerl Prohaska, den er grummelnd mit unfeinen Namen bezeichnet, da der Primgeiger aus Simmering an allen Toren beteiligt gewesen war.
Plötzlich schleicht eine leise aber tiefe Stimme aus den Rücksitzen in Richtung des pechschwarzen Hinterhauptes des Trainers. Es war der Huchen, der sich im Schnee des Konsum-Sackerls wieder erholt hatte (die Heizung im Mercedes war seit Jahren halbherzig bis gar nicht einsatzfreudig). Weder Toni noch Helmut hatten ihn abgeschlagen und jetzt war er am Leben und neugierig, was als Nächstes kommen sollte:
"Wohin fahren wir?" fragte der Huchen
"Bist du völlig deppert, du lebst?" - Der Schwoarze ist nicht etwa erstaunt, dass der Huchen spricht, sondern ungehalten, dass dieser sich jetzt, 10 Minuten vor der "ZEIT IM BILD", ins Geschehen bringt. Die Stimme des Helmut Herbert ist viel höher als die des Huchen, der völlig stoisch bleibt, was sollte ihn an einem Tag wie diesen noch überraschen?
"Was machst Du jetzt mit mir?" fragt der Huchen.
" I was es net, sei net lästig". Der Schwoarze ist hin und hergerissen, aber eigentlich muss er keine Entscheidung treffen. Er steuert den Wagen mit dem großen Fischwesen am Rücksitz Richtung Alberner Hafen, es ist nur ein kurzer Umweg, sagt er sich, der Weg zurück zum Stadion über den Handelskai erträglich.
Am Alberner Hafen, Stillstand der Zeit.
Der Schwoarze nimmt den Huchen wieder unter seinen Mantel und stapft in der Dunkelheit des ausklingenden Jahres vorbei am geschlossenen Gasthaus beim Friedhof der Namenlosen. Keine Menschenseele ist an diesem Tag auf einem Quadratkilometer Wien, dort wo die Stadt einsam ist.
An einer Kiesbank der Donau angekommen nimmt Helmut Herbert der Huchen behutsam aus dem Plastiksack und setzt ihn ins Wasser.
Der Huchen streckt sich, schüttelt sich aus - und bleibt im seichten Wasser neben dem Schwoarzen, der sich niedergelassen hat und keine Kälte mehr spürt.
Alle Jahre wieder
Der Huchen und der Helmut reden bis 3 Uhr morgens. Über alles. Mehr brauchen wir nicht zu wissen, denn wir waren nicht dabei und es war die Nacht des Schwoarzen und des Huchen.
Um drei Uhr morgens steht Helmut Herbert auf, der Huchen fragt: "Was soll ich jetzt tun?"
Der Schwoarze sagt "Schwimm!" und er geht, ohne sich noch einmal umzudrehen, in Richtung der riesigen Donauspeicher.
Der Huchen schwimmt.
Epilog: Bis heute berichten Fischer und Bewohner das Alberner Hafens, dass jährlich in einer Nacht zwischen Weihnachten und Neujahr an der Sandbank der Halbinsel ein riesiger Fisch auftauchen soll, manche wollen ihn sogar mit einem tiefen Bass gehört haben. Der Huchen soll gute zwei Meter lang und 150 Kilo schwer sein und immer an einem Platz stehen, ohne sich zu bewegen. Irgendwann in dieser Nacht verschwindet er dann wieder. Er schwimmt einfach weiter,
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